Geschichte der ABB
Februar 1989:
Eröffnung der ABB in der Kapellenstraße 22 in Anwesenheit von Prof. Dr. Heinz Kunle (Rektor der Universität), Dr. Gerhard Selmayr (Kanzler der Universität), Dr. Michael Heck (Kulturreferent der Stadt Karlsruhe), Dr. Siegfried Unseld (Leiter des Suhrkamp Verlags, Frankfurt a.M.), Dr. Bernd Lutz (Leiter der Verlags J.B. Metzler, Stuttgart), Dr. Gotthard Erler (Cheflektor des Aufbau-Verlags, Berlin und Weimar), sowie von Vertretern der Presse und des Rundfunks u.a.
Träger sind die Stadt Karlsruhe (Bereitstellung und Finanzierung der Räumlichkeiten), die Universität Karlsruhe (Finanzierung der laufenden Kosten) und die BBBank (Ausstattung der Räumlichkeiten).
Projekt ist die Edition der Großen kommentierten Berliner und Frankfurter Ausgabe der Werke Brechts in 30 Bänden (GBA), die als Gemeinschaftsausgabe der Verlage Suhrkamp und Aufbau (DDR) seit 1986 in Arbeit ist. Herausgeber sind Dr. Werner Hecht (Berlin/DDR) und Prof. Dr. Werner Mittenzwei (Berlin/DDR) sowie Prof. Dr. Klaus-Detlef Müller (Tübingen) und Prof. Dr. Jan Knopf (Karlsruhe).
„...es kommt wahrlich einer Sensation gleich, verdient Bewunderung und Respekt. Man übertreibt gewiß nicht, wenn man dieses Unternehmen das spektakulärste auf dem Feld verlegerischer Zusammenarbeit zwischen beiden deutschen Staaten nennt.“ Franz Josef Görtz, Frankfurter Allgemeine Zeitung |
Die ABB ist an der Ausgabe neben der herausgeberischen und gutachterlichen Tätigkeit mit der Erarbeitung von acht Bänden (Gedichte 1-5, Prosa 3-5) beteiligt. 1988 erscheinen die ersten drei Bände, darunter Gedichte 1 (Band 11) aus Karlsruhe.
„Jahrhundertunternehmen.“ Neue Zürcher Zeitung |
März 1991:
Auflösung des Brecht-Zentrums der DDR; Umwandlung in das Literaturforum im Brecht-Haus.
„Die Auflösung des Brecht-Zentrums im früheren Ostberliner Wohnhaus von Brecht, in dem nun ein Literaturhaus für Gegenwartsliteratur eingerichtet wird, bedeutet eine Aufwertung der Karlsruher Arbeitsstelle als einziger verbleibender Brecht-Forschungsstelle in Deutschland.“ Michael Nückel, Badische Neueste Nachrichten |
Juni 1993:
Umzug der ABB in die Kronenstraße 30. Die Stadt Karlsruhe musste die Räume in der Kapellenstraße wegen Fehlbelegung (Sozialwohnungen) räumen lassen. Die Universität Karlsruhe ist jetzt alleiniger Finanzier.
Die Edition der Gedichte Brechts ist abgeschlossen; es erscheinen die Bände 13-15 (Gedichte 3-5).
„Die Edition macht Brecht [...] lebendiger, indem sie ihn der widerstandslosen Konsumierbarkeit entzieht. Liebhaber seiner Gedichte dürfen sich getrost weiterhin an all dem Schönen erfreuen, das sie schon kennen [...]. Zum Künstler Brecht gehören jedoch auch seine immer neuen Anläufe, seine Trivialitäten, seine Irrtümer und Verranntheiten. Diese Edition ist eine der Möglichkeiten, sie kennenzulernen.“ Ulla Hahn, Der Spiegel |
Januar 1994:
Die ABB erhält zwei wissenschaftliche Angestelltenstellen vom Land Baden-Württemberg und der Universität Karlsruhe für zweieinhalb Jahre. Damit ist der fristgemäße Abschluss der GBA gesichert.
Februar 1998:
Abschluss der GBA zum 100. Geburtstag Brechts mit dem Erscheinen der Bände 28-30 (Briefe); ausgenommen der Registerband, welcher im Frühjahr 2000 herauskommt. Die Ausgabe umfasst endgültig 33 Teilbände mit ca. 20 000 Seiten.
„Die wirklich große, nämlich textkritische Ausgabe steht noch aus. Sie wird noch mehr Bände umfassen und noch teurer sein. Die Brecht-Industrie hat ihre größte, den Kapitalisten Profite schaffende Kapazität noch lange nicht erreicht. Brecht hatte immer Angst davor, zum >Klassiker< gestempelt und damit verharmlost zu werden. Verharmlost oder nicht, er ist sicher einer der bedeutendsten deutschen Dichter dieses und jedes anderen Jahrhunderts, was immer seine politischen Erben und kapitalistischen Ausbeuter mit ihm treiben mögen.“ Martin Esslin, Die Welt (März 1988) |
Mai 1999:
Dreitägige Konferenz des wissenschaftlichen Beirats am Projekt Brecht-Handbuch in fünf Bänden (14 Wissenschaftler aus drei Ländern) in Karlsruhe; die Realisierung des Projekts wird endgültig beschlossen. Herausgabe und Redaktion liegen in der ABB.
Mai 2000:
Tod von Brigitte Bergheim, der langjährigen Mitarbeiterin an der ABB.
August 2000:
Joachim Lucchesi nimmt seine Tätigkeit an der ABB auf.
März 2001:
Die Fritz Thyssen Stiftung teilt ohne Angabe von Gründen mit, dass die Förderung Ende Mai 2002 ausläuft; durch Umwidmung von Sachmitteln gelingt es, die Stelle des Redakteurs bis 15. August weiter zu finanzieren; alle Hilfskräfte werden entlassen.
Juni 2001:
Band 1 des Brecht-Handbuchs erscheint fristgemäß.
August 2001:
Die Universität Karlsruhe übernimmt die Zwischenfinanzierung der Stelle des Redakteurs bis Jahresende.
Dezember 2001:
Band 2 des Brecht-Handbuchs erscheint fristgemäß.
Januar 2002:
Die DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) fördert das Handbuch für ein Jahr weiter. Zwei studentische Hilfskräfte können wieder eingestellt werden.
Juli 2002:
Band 3 des Brecht-Handbuchs erscheint mit zweimonatiger Verspätung.
Januar 2003:
Die DFG verlängert ihre Förderung um drei Monate; Ende März läuft der Vertrag von Joachim Lucchesi aus. Gleichzeitig lehnt die DFG den Antrag der ABB auf Förderung des Projekts Musik und Brecht ab.
März 2003:
Die Universitätsbibliothek übernimmt die Finanzierung von zwei studentischen Hilfskraftstellen, durch die die Katalogisierung des Bestands der ABB gewährleistet werden soll.
Mai 2003:
Band 4 des Brecht-Handbuchs erscheint mit zweimonatiger Verspätung.
September 2003:
Band 5 des Brecht-Handbuchs erscheint mit dreimonatiger Verspätung. Mit ihm ist das Projekt abgeschlossen. Am Brecht-Handbuch haben 61 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus acht Ländern mitgearbeitet. Sie haben über 250 Artikel auf über 2500 Seiten verfasst. Brecht hat damit den Status des zweiten großen Dichters neben Goethe erhalten Am 22. September veranstalten der Suhrkamp Verlag, der Aufbau-Verlag sowie der Verlag J.B. Metzler gemeinsam einen Brecht-Abend in der Akademie der Künste zu Berlin, um die Sonderausgabe der GBA und das Brecht-Handbuch der Öffentlichkeit vorzustellen Es sprechen Günter Berg, Jan Knopf, Joachim Lucchesi und Erdmut Wizisla, es lesen aus Brechts Werken Volker Braun, Durs Grünbein, Karin Kiwus und Klaus Völker.
Oktober 2003:
Die ABB zieht in das Kollegiengebäude am Schloss, Bau II, um und ist damit erstmals auf dem Campus der Universität.
2003 bis 2006:
In enger Zusammenarbeit mit dem Suhrkamp Verlag entstehen in freier Mitarbeit 13 Bände der Suhrkamp Basis Bibliothek zu Brechts Werk an der ABB. Im November 2003 erscheint der erste Band zum Kaukasischen Kreidekreis, den Ana Kugli, Mitarbeiterin der ABB seit 1998, herausgegeben hat.
Juni/Juli 2004:
Zusammen mit dem Badischen Staatstheater, der Literarischen Gesellschaft sowie der Landesbildstelle führt die ABB drei Veranstaltungen zu Brecht durch, und zwar anlässlich des 15jährigen Jubiläums der ABB:
- 6. Juni 2004: „Ich muß immer dichten“. Eine Brecht-Matinee zum 15jährigen Jubiläum der Arbeitsstelle Bertolt Brecht (ABB) und zur Premiere von Happy End mit Gunzi Heil, Jan Knopf und dem Schauspielerensemble von Happy End. Theaterzelt auf dem Schlossplatz, Beginn: 11 Uhr.
- 6. Juli 2004: Brecht und die Frauen. Mit Ana Kugli und Jan Knopf. Literarische Gesellschaft, PrinzMaxPalais, Beginn: 20.00 Uhr.
- 13. Juli 2004: Brecht Vorurteile! Kolloquium und Film zum Jubiläum
Programm: Begrüßung
Dr. Susanne Pacher (Landesmedienzentrum), Dr. Michael Heck (Kulturamt), Dr. Bernd Lutz (Verlag J.B. Metzler, Stuttgart)Kurzvoträge:
Wolfgang Jeske (Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M.): „Das Werk Brechts im Suhrkamp Verlag“
Jürgen Hillesheim (Staats- und Stadtbibliothek Augsburg): „Brechts Frühwerk im Zeichen des Nonkonformismus“Podiums- und Publikumsgespräch:
Ana Kugli (ABB), Jürgen Hillesheim, Wolfgang Jeske, Joachim Lucchesi (ABB); Moderation: Jan KnopfPause (18-20 Uhr): Imbiss, Umtrunk, Gespräche
Filmvorführung:
Hangmen Also Die (Auch Henker müssen sterben)
Regie: Fritz Lang, Drehbuch: Bertolt Brecht
Einführung: Jan Knopf
Filmvorführung Anschließend: Diskussion
Dienstag, 13.Juli 2004, 16.00 und 20.00 Uhr
Landesmedienzentrum, Moltkestraße 64
(Straßenbahnhaltestelle: Städt. Klinikum) - 30. Juli 2004: Kooperation schreibende Frauen:
Jan Knopf:Bertolt Brechts LiebesgedichteAls Bertolt Brechts sog. Liebesgedichte 1982 erstmals vollständig erschienen, brach in der gesamten Presse - ob >rechts< oder >links< - ein Sturm einer im Grunde verlogenen moralischen Entrüstung los. Brecht habe sich, so die weitgehend einhellige Begründung, des >volkstümlich< vulgären Vokabulars bedient, um mit ihm die Frauen zu bloßen Sex- oder besser gesagt: Fick-Objekten zu degradieren und ihre Würde mit den Füßen zu treten. Das Gegenteil ist der Fall. Dies ist freilich nur für diejenigen erkennbar, die auch in Sachen Sex den Humor noch nicht verloren haben. Die Lesung mit Kommentaren wird versuchen, dies mit möglichst viel Spaß an ausgewählten Gedichten Brechts zu beweisen und zu zeigen, dass Brechts Fick-Gedichte hochartifizielle Gebilde sind, die sich auf vergnügliche Weise mit kleinbürgerlicher Moral anlegen. Jan Knopf, Jahrgang 1944, ist Professor für Literaturwissenschaft an der Universität Karlsruhe und Leiter der seit 15 Jahren existierenden Arbeitsstelle Bertolt Brecht (ABB). Er hat neben zahlreichen Büchern zur Kalendergeschichte, zu Hebel, zum Roman der frühen Neuzeit, zu Dürrenmatt zuletzt das fünfbändige Brecht-Handbuch (2001-2003) herausgegeben und ist Mitherausgeber der 33-bändigen Großen kommentierten Berliner und Frankfurter Ausgabe der Werke Brechts (1988-2000), die seit 2003 auch in einer Sonderausgabe vorliegt. Die ABB ist weltweit die einzige Forschungsstelle zu Brechts Werk, eingerichtet im Zuge der großen Werkausgabe, die 1985 als (damals sensationelles) deutsch-deutsches Gemeinschaftsunternehmen begonnen worden ist. Die ABB verfügt über eine einzigartige Dokumentensammlung zu Brechts Werk.
Evangelisches Dekanatszentrum, Augartenstraße 61, Beginn: 20 Uhr.
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24. September 2004: Im Rahmen der Europäischen Glockentage 2004:
Vortrag von Jan Knopf:Es läuten die Glocken. Aber niemand läutet.
Der Glockenschwall in Thomas Manns Roman Der Erwählte (1951)„Das Glöcklein läutet, und ich wüte“, so wütet Goethes Faust buchstäblich mit tödlichen Folgen für die Verursacher, als ihm die Glocke aus der Hütte von Philemon und Baucis entgegen dröhnt. Dies ist wohl die berühmteste literarische Glocke, der allerdings das dreitägige ununterbrochene Glockengebimmel aller Kirchen Roms beim Einzug des neuen Papstes am Beginn des Erwählten von Thomas Mann kaum nachsteht. Was macht ein Dichter der Moderne, der einen alten Stoff - die Gregorius-Legende - neu bearbeitet und mit der Tatsache umgehen muss, dass die Glocken läuten, aber niemand sie läutet? Das mittelalterliche Wunder wird zu einem raffinierten Sprachproblem und mit ihm zum „Tod des Autors“ umgedeutet.
Literarische Gesellschaft / Deutsches Glockenwesen
PrinzMaxPalais, Beginn: 20 Uhr.